CfP: Fachtagung Spielkultur denken
Spielkultur denken
Perspektiven der Spielwissenschaft
CfP // Spielwissenschaftliche Tagung im Rahmen der Krönchen Convention 2025
2.–3. August 2025, Siegen und Ausgabe Spiel|Formen.
Veranstaltet von der Forschergruppe GamesCoop und der Redaktion der Spiel|Formen
in Kooperation mit der Krönchen Convention.
Einreichungsfrist: 13. Juni 2025
Die deutschsprachige Auseinandersetzung mit dem Phänomen des Spiels erlebt derzeit eine konzeptuelle Erweiterung: Während die Game Studies traditionell auf digitale Spiele fokussieren, öffnet die Spielwissenschaft den Blick für ein breiteres Verständnis von Spiel(en) als kultureller Praxis. Der Begriff der *Spielkultur* rückt dabei ins Zentrum: Er verweist nicht nur auf die Vielfalt spielerischer Artefakte und Praktiken, sondern auch auf das Spiel als Haltung, als spezifische Form des Weltbezugs, die sich in unterschiedlichen gesellschaftlichen Kontexten manifestiert. “Spielkultur” ist hier bewusst als Kollektivsingular gemeint, der das Gemeinsame in der Vielfalt unterschiedlicher Spielpraktiken und -gemeinschaften artikuliert: ein spielerischer Modus, der es erlaubt, Spielkulturen quer und zusammen zu analysieren.
Spiel und Kultur zusammen zu denken, zieht sich durch die Geschichte der Spielforschung: von den in verschiedenste Disziplinen ragenden Wurzeln des Faches bis hin zu seiner gegenwärtigen Form als institutionalisierte Game Studies. So formulierte der Kulturhistoriker Johan Huizinga bereits 1938, im Untertitel zu „Homo Ludens“, seine berühmt gewordene These, der Ursprung der Kultur liege im Spiel; und Brian Sutton-Smith dachte 1986 über „Toys as Culture“ nach. Öffentliche Spielveranstaltungen wie Lan-Partys ließen ab den 90er Jahren Gaming als ‚Subkultur‘ sichtbar werden, längst ist die „video game culture“ auch als Untersuchungsgegenstand am Schnittpunkt von Spiel- und Kulturwissenschaft identifiziert worden (Shaw 2010). Spiele spannen dabei nicht nur ihre eigenen kulturellen Räume auf, sondern werden als wichtiger Bestandteil der weiteren Gegenwartskultur wahrgenommen und erforscht (Muriel/Crawford 2018).
Spielforscherische Ansätze liegen nach wie vor verteilt vor, sie erstrecken sich über Fächer wie etwa die Board Game Studies, (digital) Game Studies, Medienwissenschaft, Pädagogik, die Sozial- und Literaturwissenschaften. Indem die kulturwissenschaftliche Perspektive quer zu diesen Ansätzen steht, kann sie eine integrative Funktion ausüben. Sie erlaubt es uns, ganz im Sinne einer Spielwissenschaft als erweiterte Play & Game Studies, spielförmige Phänomene und Praktiken als Produzenten und Bestandteile von Kultur in den Blick zu bekommen, völlig unabhängig davon, ob diese regelförmig ablaufen, unter Einsatz gewisser Medientechnik, oder mit dem Anspruch, Lerninhalte zu vermitteln. (Adamowsky 2014)
Diese Tagung möchte den Begriff der Spielkultur im Singular als analytischen Fokus nutzen, um die kulturelle Bedeutung des Spiels in seinen vielfältigen Erscheinungsformen zu untersuchen. Dabei geht es nicht nur um Spiele im engeren Sinne, sondern auch um spielförmige Strukturen und Praktiken in Bereichen wie Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, Bildung und Alltag. Spielkultur wird so verstanden als ein konstitutives oder katalytisches Element gesellschaftlicher Prozesse, das neue Perspektiven auf soziale Dynamiken eröffnet.
Das Veranstaltungsformat sieht vor, dass nicht nur über Spielkultur nachgedacht wird, sondern auch der aktive Austausch mit verschiedenen Spielcommunities gesucht wird. Die Tagung knüpft damit an die Durchlässigkeit zwischen Game Studies und Spielkultur an, die immer eine Stärke des Fachs gewesen ist, aber auch Probleme beinhaltet. Das Doppelformat aus Convention und Fachtagung lädt zur Thematisierung der Balance von Nähe und Distanz zwischen Forschung und Spielkultur ein: Wie gehen wir als Forscher*innen mit problematischen Teilen der Spielkultur um? Wie intervenieren wir erfolgreich in Binnendiskurse, insbesondere angesichts reaktionärer Tendenzen innerhalb der Spielkultur (Gamergate, Authentizitätsdebatte)? Die Convention bietet die Chance, mit den Wissensbeständen der Communities in Kontakt zu geraten und sie in unsere wissenschaftliche Perspektive zu integrieren. Wir freuen uns auf einen produktiven Dialog und die Lebendigkeit, die die Community mitbringen wird.
Wir laden Beiträge ein, die sich unter anderem mit folgenden Fragestellungen auseinandersetzen:
- Wie lässt sich Spielkultur theoretisch fassen und von verwandten Konzepten wie Freizeitkultur, Populärkultur oder Medienkultur abgrenzen?
- Wie lässt sich Spielkultur als eigenständiger Begriff gegenüber Konzepten wie Spielpraktiken, Spielstilen oder Gaming-Communities konturieren?
- Welche Rolle spielt das Spiel als kulturelle Praxis in nicht-spielerischen Kontexten, etwa in Politik, Wirtschaft oder Bildung?
- Wie manifestieren sich spielförmige Strukturen in (medialen?) Formaten jenseits klassischer Spiele?
- Welche methodischen Ansätze eignen sich zur Analyse von Spielkultur als gesellschaftlichem Phänomen?
- Wie strahlen Spiele in andere kulturelle Bereiche aus? Welche Wechselwirkungen gibt es?
- Wie kann die Spielwissenschaft zur kritischen Reflexion aktueller gesellschaftlicher Entwicklungen beitragen?
Bitte senden Sie Ihre Beitragsvorschläge (max. 300 Wörter) sowie eine kurze biografische Notiz (max. 150 Wörter) bis zum 13. Juni 2025 über das folgende Anmeldeformular.
Die Tagung wird von der GamesCoop veranstaltet, in Kooperation mit der Krönchen Convention. Tagungsort ist der Veranstaltungsort der Convention. Die Krönchen Convention ist eine Messe, die die Vielfalt der Spielkultur feiert, von Brettspielen über Tabletop und Pen & Paper bis hin zu digitalen Games.
Zeitplan:
- Beitragsvorschläge einreichen: 13. Juni 2025
- Rückmeldung: 20. Juni 2025
- Tagung: 2. und 3. August 2025
- Beiträge einreichen: 30. September 2025
- Korrekturen erhalten: 31. Oktober 2025
- Beiträge überarbeitet einreichen: 12. Dezember 2025
Ausgewählte Beiträge der Tagung sollen in der nächsten Ausgabe des Journals *Spiel|Formen* veröffentlicht werden, die den Titel Kultur tragen wird. Die Veröffentlichung ist für Frühjahr 2026 geplant. Die Redaktion behält sich eine Auswahl der Beiträge vor. Für Rückfragen wenden Sie sich bitte an: info@spielformen.net.
Literatur
Adamowsky, Natascha (2014): Game Studies und Kulturwissenschaft. In: Klaus Sachs-Hombach Klaus/Jan-Noel Thon (Hrsg.): Game Studies. Aktuelle Ansätze der Computerspielforschung. Köln: Herbert von Halem Verlag.
Huizinga, Johan (1956): Homo ludens. Vom Ursprung der Kultur im Spiel (= Rowohlts deutsche Enzyklopädie, Band 21). Hamburg: Rowohlt.
Muriel, Daniel/Crawford, Garry (2018): Video Games as Culture: Considering the Role and Importance of Video Games in Contemporary Society. London: Routledge.
Shaw, Adrienne (2010): What Is Video Game Culture? Cultural Studies and Game Studies. Games and Culture, 5(4), 403-424.
Sutton-Smith, Brian (1986): Toys as culture. New York: Gardner Press, Inc.